Mittwoch: Die längste, kühnste, höchste und schwierigste Etappe der Tour - il Sentiero Bocchette Alte. Über die Spalla di Brenta (3002 m) und den Spallone die Massodi (2999 m) zum Rifugio Alimonta (2580 m)
Aufstehen & Frühstück
Tagwache um 04:50 Uhr - der frühe Vogel fängt den Berg, sagt man. Allerdings schien unser Frühstück eher auf den späten Vogel abzuzielen: trockenes Brot, Zwieback und kalter, süßer Tee, stilecht serviert im Schuhraum. Ein Frühstück, das nicht satt machte, sondern Mut. Aber immerhin waren wir pünktlich um 06:00 Uhr am Start.
Aufstieg zur Tuckettscharte – Kraxeln für Fortgeschrittene
Die Tuckettscharte präsentierte sich als unsere Schlüsselstelle der Tour - eine Kraxelei, die uns alle zum Schwitzen brachte, selbst um diese frühe Stunde. Hans ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und sinnierte philosophisch: "Die Welt dem, der sie genießt.“ Ein kluger Mann, dachte ich, während ich versuchte, die Welt zu genießen, ohne dabei rückwärts abzustürzen.
Pause mit Aussicht
Kurz nach der Tuckettscharte kam die Sonne raus, und wir gönnten uns eine Pause. Die Ausblicke waren atemberaubend, was allerdings auch am morgendlichen Höhenstress liegen konnte.
Klettersteig & Corona-Kaffee
Der Klettersteig begann – ein Stück, das nicht nur die Beine, sondern auch den Kopf forderte. Am Biwakplatz machte der selbsternannte „Chef de la Kaffee“ seinem Titel alle Ehre: Es wurde Corona-Kaffee serviert, den wir uns redlich verdient hatten. Der Koffeinschub half, die nächste Herausforderung zu bewältigen.
Scala degli Amici – Leiter fürs Ego
Die Scala degli Amici wartete mit einer 30 Meter hohen Leiter auf uns, die senkrecht und ausgesetzt den Berg hinaufführte. Eine Erfahrung, bei der man nicht an seine Höhenangst, sondern an seine Armkraft glauben musste. Oben angekommen, fühlten wir uns wie Helden – zumindest bis wir die Tourendaten sahen.
Tourendaten des Tages:
• Dauer: 8:23 Stunden
• Aufstieg: 931 Hm
• Abstieg: 538 Hm
• Strecke: 8,33 km
• Maximale Höhe: 2993 m
Hüttenzauber im Rifugio Alimonta
Endlich, das Ziel: Rifugio Alimonta. Hier erwartete uns nicht nur Erholung, sondern auch ein Festmahl. Jemand sorgte für den Spruch des Tages, als er zu einem unserer Mitstreiter meinte: „Du hast dich zum Einzelzimmer geschnarcht.“ Dustin war davon so motiviert, dass er nachts gleich ins Nebenzimmer umzog, um dort den Schnarcher zu wecken.
Kulinarik & Abendprogramm
Nach einer ordentlichen Zwischenmahlzeit mit Nudeln in Sahnesoße und Omelett gab es ein geselliges Abendessen. Der gute Parmesan hob die Stimmung, während aus unserer Runde großzügig eine Runde Grappa spendiert wurde. Ein Liter Bier kostete stolze 12 €, was in dieser Höhe als Luxusartikel durchgeht.
Den Abend ließen wir beim Rommé ausklingen, wobei Andreas triumphierte. Manche sagen, sein Sieg lag am Grappa - wir aber wissen, es war pure Genialität.
Zusammenfassung des Tages
Ein Tag voller Höhen und Tiefen – im wahrsten Sinne des Wortes. Von trockenen Frühstücksbrötchen über schwindelerregende Leitern bis hin zu nächtlichen Schnarch-Interventionen war alles dabei. Doch eines steht fest: Die Welt gehört wirklich dem, der sie genießt – und wir haben sie genossen, mit allen Höhen und Hüttenzaubern.
Text: Dustin