© Dietmar Rodewald

Wandern auf Langlaufloipen: Im Geo-Naturpark "Frau Holle-Land"

19.11.2025

In jeder Hinsicht abwechslungsreiche Wanderung der Seniorinnen und Senioren - am Hohen Meißner im Norden des Osthessischen Berglandes. Was Frau Holle damit zu tun hat? Lest es selbst.

Am 26. Juni starteten die Seniorinnen und Senioren der Sektion Mainz zu einer mehrtägigen Wanderung am Hohen Meißner im Norden des Osthessischen Berglands. 16 Teilnehmer*innen landeten in Velmeden im Landhotel Hubertus und wollten nach langer Anfahrt am liebsten sofort mit dem von Brigitte Berneburg zusammengestellten Bündel von Wanderungen starten. Aber welche Rollen spielen Loipen zu dieser Jahreszeit und was hat Frau Holle damit zu tun? 

Nun, Frau Holle ist für das Wetter insgesamt verantwortlich, nicht nur für den Schnee, den sie aus ihren Kopfkissen schüttelt – und das bekamen wir gleich unangenehm zu spüren. Die Vorhersage verhieß mit zwei Gewitterfronten nichts Gutes für die erste Schnuppertour. Aber die Zeit dazwischen sollte reichen, um den Hohen Meißner mit seiner grandiosen Aussicht zum Großen Inselsberg (Thüringer Wald), die Kuppenrhön mit der Wasserkuppe, den Vogelsberg, Knüll, Kellerwald und Habichtswald genießen zu können. 

Fast wäre die Planung aufgegangen, hätte uns der Bus nicht zunächst einfach stehen gelassen und erst nach einem Anruf in der Zentrale doch noch zum Ausgangspunkt der Tour gefahren. So verloren wir die entscheidenden trockenen 15 Minuten und wurden tüchtig nass. Der zweite Regenschauer war dann sogar noch heftiger, unterstützt durch stürmischen Wind, der die Schirme umdrehte. 

Tag 2: Zwischen Mohnblumen und Frau-Holle-Teich

Schon wieder Frau Holle mit schlechter Laune beim Start zur zweiten Wanderung. Aber alle waren voller Optimismus, lockten doch blühende Mohnfelder. Brigitte warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen: Die Mohnblüte am Meißner werde touristisch – sicher zu Recht – "jahrmarktmäßig" vermarktet, sodass auch das eine oder andere zum Essen und Trinken zu finden wäre. Wahrscheinlich wären wir aber schon zu spät, die bunten Felder vielleicht mehr grün als bunt. Also abwarten.

Wir folgten dem „Panoramaweg“ durch den Bergwildpark nach Germerode. Schüchternes Tröpfeln. Über eine Wiese, dann am Waldrand entlang und zur Belohnung Kirschen satt. Knackig, ohne Würmer und zuckersüß. Die schien niemand zu ernten, der Baum musste froh sein, dass er seine Früchte nicht umsonst erzeugt hat.

So erreichten wir den ersten Höhepunkt des heutigen Wandertages: Die Mohnfelder, (normalerweise) ein pinkfarbenes Naturschauspiel mit Millionen von Blüten. Aber die Befürchtungen bestätigten sich, die Blütezeit war bereits vorbei. Seit 2018 bauen zwei Bauern hier mit Genehmigung der Bundesopiumstelle morphinarme Mohnsorten an. Wanderwege führen durch die bisher 29, in diesem Jahr sogar 40 Hektar großen Felder. 

Dass das Ereignis viele Besucher anlockt, zeigte sich schon am Ortseingang und an den riesigen Parkflächen um den kleinen Ort mit knapp 770 Einwohnern. Am Umsatz beteiligten wir uns nur mit einer Tasse Kaffee und natürlich Mohnkuchen im Mohn Café, das nach mehreren Erweiterungen jetzt Mohntenne heißt. Kaffee und Mohnkuchen: lecker. Auf die Mohnbratwurst verzichteten wir und das Bett im Hotel war uns auch lieber als ein mitten im Feld errichtetes Strohbett unter freiem Himmel.

Es ging nun aufwärts mit den Temperaturen und die Sonne blieb uns treu. Wir landeten in Schwalbenthal, einer ehemaligen Bergarbeitersiedlung am südöstlichen Steilhang des Meißners. Hier öffnete sich ein weiter Blick in andere Gebiete, die ein Teil der Wanderer schon erobert hatte. Weiter liefen wir auf einem Waldpfad des Premiumweges P1 unterhalb der Stinksteinwand.

Ziel und zweiter Höhepunkt an diesem Wandertag war der Frau-Holle-Teich. Von diesem verwunschenen Gewässer geht eine tiefe Ruhe aus. Starke positive Kräfte werden ihm nachgesagt. Die Brüder Grimm besuchten einst den Teich, der schon vor 2.000 Jahren eine Kultstätte gewesen sein soll. Hier entstand “Frau Holle – das Märchen von Goldmarie und Pechmarie”. Der Sage nach soll der Teich unendlich tief sein und auf seinem Grund Frau Holles silbernes Schloss stehen. Eine Figur am Rand des Teichs hält ein Kopfkissen in der Hand, mit dem sie die Schneeflocken im Winter verteilt. 

Tag 3: Durch den Frankershäuser Karst

Am nächsten Tag brachte uns der Bus auf die Ostseite des Hohen Meißners zum Startpunkt für unsere Runde auf dem Premiumwanderweg “Frankershäuser Karst”. 

Er führt durch das Naturschutzgebiet der Kripp- und Hielöcher und über Magerrasen am Fuße des Hohen Meißners. Die Hielöcher darf man allerdings nicht begehen, denn ein Erdfalltrichter hatte 1958 ein ganzes Kuhgespann verschlungen. 

Der Karst ist ein Relikt des vor etwa 250 Millionen Jahren existierenden Zechsteinmeeres. Die Ablagerungen bestehen zu einem Großteil aus Gips und Steinsalz und enthalten große Hohlräume. Die karge Landschaft beherbergt eine besondere Flora und Fauna, die sich an die extremen Bedingungen angepasst hat. 

Ein idyllisch gelegener kleiner See tauchte auf, über den ein Fischreiher wachte, der aber schnell flüchtete, als wir näher kamen. Ein idealer Ort für ein kleine Rast. Etwas versteckt ein Grenzstein, über dessen Bedeutung wir vergeblich rätselten. Selbst Google half nicht weiter.

Eine Einkehrmöglichkeit besonderer Art gab es in Wolfterode: Ein Platz unter Bäumen mit Tischen und Schirmen, Kühlschränken mit Getränken, Regalen aller Art, mit Essbarem und alles zur Selbstbedienung und Bezahlung nach eigenen Vorstellungen. Was fehlte: Toiletten. Brigitte schlug deshalb schon vor der Einkehr vor, dass jeder sich ein stilles Örtchen suchen sollte – Damen hinter Büschen, Herren hinter Bäumen. Es funktionierte.

Auf der Rückfahrt konnten wir den Busfahrer überzeugen, direkt vor unserem Gasthof zu halten – mehr Zeit für das Wanderabschlussbier (WAB). 

Tag 4: Von der Totenkirche in ein kleines Paradies

Am vierten Wandertag starteten wir an der Kirchenruine Abterode, der sogenannten “Totenkirche”. Der P23 verläuft direkt durch die Überreste der Pfarrkirche aus dem 14. Jahrhundert. Nach Auflösung des Konvents diente sie weiterhin für Leichenpredigten – daher ihr Name. Heute ist die Ruine denkmalgeschützt, mit einer besonderen Atmosphäre und angenehm kühl.

Auf mehrheitlich schattigen Wald- und Wiesenpfaden gelangten wir ins Höllental. Entlang der kühlenden Berka, einem Flüsschen, das am Hohen Meißner entspringt, erreichten wir einen Pfad, der auf der anderen Talseite hinauf zur Ruine Bilstein führt. Ein steiler Aufstieg, der sich für die Reste der Burg nicht lohnte.

Der Ausblick davor bot allerdings einen tollen Blick ins malerische Höllental, Richtung Hoher Meißner und zum Gasthaus Frau Holle.

Das alleinstehende Anwesen von 1893, im regionaltypischen Fachwerkstil gebaut, schmiegt sich an eine bewaldete Bergflanke und grenzt an das Naturschutzgebiet Bilstein – ein kleines privates Paradies, das am Wochenende auch für Liebhaber und Genießer von selbstgebackenen Kuchen geöffnet ist. Die Gastgeber waren überaus freundlich und hilfsbereit. Direkt vor dem Haus befindet sich sogar die Bushaltestelle „Frau Holle“. Ein schneller Heimweg war garantiert. 

Tag 5: Über den Hohen Meißner

Schließlich stand am letzten Wandertag die Überquerung des Hohen Meißners an. Hier versuchten wir, so weit wie möglich unter dem Sonnenschutz der Bäume zu laufen. Von Schwalbenthal aus ging es über den Kalbepfad. Große Blockmeere aus Basalt lagen direkt am Weg bis hinauf zur “Kalbe”, einer 720 m hohen Basalthalde, höchster Aussichtspunkt im Osten des Hohen Meißners. Bei guter Sicht, wie heute, kann man den Brocken im Harz sehen.

Bis in die 1970er Jahre wurde am Meißner Braunkohle abgebaut. Dadurch entstand der Kalbesee, unterhalb der Kalbe im Westen. Aus einer seit 400 Jahren glimmenden Braunkohle-Brandstelle entweicht durch Bodenspalten Schwefelgeruch aus dem Untergrund. Er kann mit feiner Nase gerochen werden. Daher der Name „Stinksteinwand“.

Aufgrund der extremen Temperaturen war die Suche nach neuen Wegen mit Hilfe der Kategorie „Winter/Langlauf“ auf der Alpenvereinaktiv-App erfolgreich. Brigitte war auf die glorreiche Idee gekommen, Langlaufloipen einzubauen. Sie haben mindestens zwei Vorteile: Die Wege sind fußfreundlich, kühlend und ”grasgrün” und sie liegen weitgehend im Schatten des Waldes, denn im Winter würde die Sonne die gespurten Loipen sonst schnell wegschmelzen. Positiver Nebeneffekt: Das Gras auf den Wegen war hochgewachsen, wunderbar zu begehen, reinigte gleichzeitig unsere Schuhe und kein Langläufer protestierte, dass wir in der Spur liefen.

Wir überquerten das weitläufige Meißner-Plateau zum höchsten Punkt, die Kasseler Kuppe (753 m). Wer einen weiten Ausblick erwartet hatte, wurde enttäuscht. Hier gibt es keine Bergspitze, sondern nur eine weite Wiesenfläche, die von Wald umgeben ist. Immerhin wurden zwei markante Monumente auf der Hochebene dieser Kuppe errichtet: Der Kasseler Stein (754 m) markiert den höchsten Punkt des Berges und ist ein Trigonometrischer Vermessungspunkt; Gerlings Stein (749 m) erhielt seinen Namen nach dem Astronomen und Mathematiker Christian Ludwig Gerling, der von hier aus umfangreiche Messungen durchführte. 

Wir wechselten zum Premiumweg 8, der uns nach Weißenbach führte, das Ende der heutigen Hitzepartie. Ein idealer Ort, um auf ein Anrufsammeltaxi zu warten, ist hier der Hofladen: schön kühl und preiswert, leckere Käsespezialitäten und natürlich die Ahle Wurst, eine nordhessische Spezialität. Luftgetrocknet oder leicht kaltgeräuchert ähnelt sie der Salami. "Ahle" bedeutet alt, denn die Wurst reift oft mehrere Monate, teilweise sogar über Jahre. 

Tag 6: Es geht nach Hause

“Jeder Urlaub geht einmal zu Ende” – der übliche Spruch am Ende eines Reiseberichts. Das Packen ist nicht so sorgfältig wie bei der Anfahrt, einfach nur in den Koffer schmeißen. Jetzt stellt man auch fest, was man nicht gebraucht hätte, aber wer weiß das schon vorher. 

Beim Warten blieb Zeit für ein Resümee: Es war eine wunderschöne Tour mit großartigen Blicken in eine eindrucksvolle Landschaft. Das Quartier: prima ausgesucht. Guter Zusammenhalt der Gruppe, alle bedachten die anderen. Herrliche Wanderwege, durchaus herausfordernd bei so manchem Aufstieg. 

Besonders hervorzuheben ist die Führung von Brigitte, die flexibel genug war, um Alternativen anzubieten, denn die waren bei den hohen Temperaturen notwendig. Jeder wünscht sich im Urlaub schönes Wetter und viel Sonnenschein – aber so viel? Hitze über 30 Grad brachte uns ins Schwitzen und so war jeder dankbar, wenn die Wege weitgehend im Wald verliefen.

Auf Wiedersehen bis zum nächsten Mal! 

Text: Dietmar Rodewald, Brigitte Berneburg 

Bilder: Dietmar Rodewald